Skript zum Artikel im DHV-Info 205, Mai 2017
>> Siehe auch das einleitende Skript zum Artikel im DHV-Info 198!
ThermiXC ist ein Online-Tool, um Fluggebiete zu erkunden oder Strecken zu planen. Verschiedene Thermikmodelle können dabei beliebig kombiniert werden. Im DHV-Info 198 wurde das Tool vorgestellt, ist nun seit gut einem Jahr online und wird intensiv genutzt. Grund genug, die in der ersten Saison gewonnenen Erfahrungen und das Piloten-Feedback zu besprechen und in die Weiterentwicklung einfließen zu lassen.
Nur für Streckenjäger?
Flugplanung mit ThermiXC und Thermikmodellen
Im vergangenen Jahr habe ich viele Rückmeldung von Piloten erhalten, die ThermiXC nutzen. Die Tool-Funktionen bereiteten den Piloten kaum Probleme und wurden inzwischen optimiert und an mobile Geräte angepasst (siehe Kasten "ThermiXC mobile" und Abb.1: FAI-Dreieck). Diskussionen und Fragen betreffen meist die hinterlegten Thermikmodelle und deren sinnvolle Nutzung.
Die Kunst ist, die Modelle abhängig von Region, Datum und Zeit zu filtern, zu kombinieren, und so zu einer möglichst guten Einschätzung des thermischen Potentials des Fluggeländes bzw. der Route zu kommen. Die Thermikmodelle basieren auf verschiedenen Konzepten. Deshalb sind die aus den Modellen ableitbaren Aussagen unterschiedlich zu interpretieren und nicht direkt vergleichbar. Unterschiede gibt es außerdem in der regionalen Abdeckung.
Folgende Methoden haben sich bisher bewährt:
Etwas mehr Informationen erhält man, wenn man die kk7 Thermals durch die kk7 Hotspots ergänzt oder ersetzt. Sind viele thermische Hotspots zur betrachteten Region und Zeit vorhanden, kann man die Anzeige auf die wahrscheinlichsten Thermikquellen einschränken (Abb.2: Eine erfolgversprechende Route über den Pass Thurn; Filter "probability" > 60%,). Eine "Ideallinie" entlang der Thermik-Hotspots ist nicht unbedingt die schnellste Route, aber die Erfolgsaussichten für den Steckenflug sind höher, solange man sich in der Nähe dieser Ideallinie bewegen kann. Da der wahrscheinlichste Thermikpunkt tatsächlich ein "Schwerpunkt" der real erflogenen Thermiken der näheren Umgebung ist, sucht man die Bärte später zwar in der Nähe dieser Hotspots, aber orientiert sich am Gelände, an Abrisskanten, bisherigem Windversatz, Schattenflächen usw.
Häufungen von DHV-Thermiken lassen sich verwenden, um einen "Ersatz"-Hotspot für die Ideallinie abzuschätzen, falls kein kk7 Hotspot angezeigt wird. Darüber hinaus sollten die DHV-Thermikpunkte in erster Linie zur genaueren Betrachtung von Schlüsselstellen und Alternativen auf der Route genutzt werden. Im höheren Zoom-Level variiert man dazu die Filtereinstellungen: mit welchen Abflughöhen ist vor einer Talquerung realistisch zu rechnen, gibt es Konvergenzlinien, welcher Windversatz herrscht beim Einstieg auf der anderen Talseite vor, wo wurde bei welchem Talwind bisher meist wieder aufgedreht usw. (Abb.3: Später Nachmittag, heimwärts über den Wilden Kaiser; Filter "alt" > 2000m, Datum-Wildcard gesetzt). Die Thermikpunkte sollten verwendet werden verwenden, um das Gelände an den Schlüsselstellen besser zu verstehen. Einzelne DHV-Thermikpunkte auf dem GPS machen dagegen meist wenig Sinn.
Für schnelle und richtige Entscheidungen im Flug ist es sicher wichtiger, ein gutes Bild der Strecke und des Geländes im Kopf zu haben als einen exakten Plan im GPS. Dabei hilft uns auch "TherMap" von Dr. B. Sigrist. TherMap ist ein theoretisches Modell zur Entstehung von Thermik, das auf topografischen Informationen beruht. Rote Flächen markieren die Gebiete, die zum gewählten Zeitraum die beste Hangausrichtung, Hangneigung und Oberfläche haben, und so die Luft am besten erwärmen könnten. Leicht macht man den Fehler und erwartet: "rot = gut und grau = schlecht". Natürlich trifft das nicht immer zu, denn TherMap weiß nichts von Talwinden und Abrisskanten, sondern erleichtert nur das Lesen einer topografischen Karte und des Satellitenbildes bei der Flugvorbereitung. Sicher kann man zur thermischen Hauptzeit die passende Hangausrichtung schon anhand der Landkarte ganz gut abschätzen, zu thermisch schwächeren Tages- und Jahreszeiten spielen aber auch die Hangneigung und die Oberfläche eine Rolle, die man anhand der topografischen Karte nicht immer so schnell erkennen kann (Abb. 4: Beste Bärte spät nachmittags am Wilden Kaiser; TherMap und DHV-Thermiken mit Filter "gain" > 300hm, "climb" > 1m/s, "alt" > 2500m). Mit TherMap lassen sich diese Eigenschaften des Geländes schneller und einfacher auch über größere Gebiete optisch erfassen. Vorsicht ist dagegen bei der Nutzung der TherMap Hotspots geboten. Diese Punkte sind das Ergebnis einer experimentellen Modellrechnung, und zudem nur auf einen einzigen Zeitpunkt beschränkt (1. Juli um 12:00 UTC).
TherMap deckt dagegen auch Gebiete in den Alpen, Apennin und Pyrenäen ab, für die bisher keine Tracks vorliegen. Im Flachland ist das TherMap-Konzept leider nicht einsetzbar.
>> Siehe auch das einleitende Skript zum Artikel im DHV-Info 198!
Bernd Gassner, © 2017